Pfarrer Christoph Sommer verlässt die Kirchengemeinde Brünen zum Jahresende

Warum er demnächst wieder als Militärseelsorger in Wilhelmshaven arbeiteten wird

Pfarrer Christoph Sommer (Foto: RP-online)

Seit einigen Tagen ist es offiziell bekannt: Pfarrer Christoph Sommer verlässt nach gut 2 Jahren die Evangelische Kirchengemeinde Brünen und wird ab 1. Januar 2016 wieder in den Dienst als Militärseelsorger nach Wilhelmshaven zurückkehren. Für viele im Kirchenkreis Wesel dürfte diese Nachricht sehr überraschend sein. Deshalb frage ich als Kollege der Nachbargemeinde und Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenkreises Christoph Sommer direkt nach seinen Motiven:

Nach gut zwei Jahren eine Gemeinde zu verlassen lässt grundsätzlich aufhorchen, zumal ja offenbar viel in der Kirchengemeinde von Dir angestoßen und initiiert worden ist. Woher rührt dein Entschluss?

Auslöser ist meine private Situation. Mein Entschluss, die Kirchengemeinde Brünen zu verlassen hat nichts mit Brünen zu tun. Wenn es nur danach ginge, bliebe ich hier. Wir würden gern hier leben und ich würde gern hier weiter arbeiten. Die Arbeit macht mir sehr viel Freude. Die Brüner sind mir gegenüber sehr offen und haben uns sehr freundlich aufgenommen. Es gibt in der Tat einige Dinge, die sich hier entwickeln – die ich aber nicht an meine Person binden würde. Es gibt in Brünen viele sehr aktive Menschen und ein klasse Presbyterium, das gestaltet und im Dorf vernetzt und beheimatet ist.
Die Schwierigkeit ist, dass meine Frau und ich eine Wochenendbeziehung führen, seit ich die Stelle in Brünen im August 2013 antrat. Und so, wie es nun nach gut 2 Jahren aussieht, wird sich daran auf absehbare Zeit nichts ändern. Nun sind wir es zwar gewohnt, dass wir auch mal eine Zeit getrennt sind – immerhin bin ich schon über 10 Jahre zur See gefahren. Aber dies ist keine Perspektive für die nächsten gut 10 Jahre bis zu meiner Pensionierung.
Die Versuche, eine Stelle für meine Frau zu finden, sind immer wieder gescheitert. Und zwar auf beiden Wegen, die sich für sie anbieten: Sie ist rheinische Pfarrerin, arbeitet aber seit gut 10 Jahren an einem Wilhelmshavener Gymnasium als Lehrerin. Anfangs geschah dies über Gestellungsverträge und seit 2008 ist als Quereinsteigerin mit einer vollen und unbefristeten Stelle dort beschäftigt.

So hat sie sich sowohl bei der Landeskirche um eine Pfarrstelle bemüht, als auch vergeblich versucht, durch ein Ländertauschverfahren in den nordrheinwestfälischen Schuldienst zu kommen.
So entwickelten sich die Dinge anders: Nachdem ich eine erste Anfrage Anfang diesen Jahres noch weggeschoben habe – wir wollten in Brünen leben, bin ich Mitte Juli auf ein Stellenangebot für mich zugegangen. Mir wurden zwei Stellen angeboten. Unsere familiäre Situation hatte sich anderen Orts herum gesprochen. Und man wollte sie aktiv nutzen – anders als die Landeskirche.
Danach ging es sehr schnell. Das Bewerbungsverfahren bei der Militärseelsorge wurde sehr zügig durchgeführt. Vergangenen Mittwoch fand in Berlin dann das entscheidende Bewerbungsgespräch mit dem Militärbischof statt. Er hat meiner Bewerbung zugestimmt. So werde ich zum 01.01.2016 ich in die Militärseelsorge zurückkehren. Genau auf meine alte Stelle, die immer noch vakant ist.
Erlaube mir dazu noch eine Anmerkung, die in dem Zusammenhang wichtig ist: Bislang war eine solche Rückkehr in die Militärseelsorge nicht möglich. Deshalb hatte auch ich dieses Thema Militärseelsorge lange abgehakt. Man konnte kein zweites Mal in die Militärseelsorge gehen. Es hat uns überrascht, dass diese Möglichkeit nun doch offen ist.

 

Wie hast Du Deine Entscheidung in Deiner Gemeinde bekanntgegeben und wie haben die Menschen vor Ort reagiert?
Das Presbyterium habe ich so früh als möglich vertrauensvoll einbezogen.
Die Gemeinde habe ich am Sonntag am Ende des Gottesdienstes informiert. Da in Brünen zu dieser Zeit wie in jedem Jahr an Erntedank Kirmes war, und viele Menschen unterwegs waren, hat sich die Nachricht über die GottesdienstbesucherInnen hinaus sehr schnell im Dorf verbreitet.
Viele Menschen sagten mir, dass sie geschockt und traurig sind. Viele Menschen haben mich angesprochen und dies ausgedrückt. Mir ist sehr viel Verständnis entgegen gekommen. Das mich tief berührt.
Mir fällt dieser Wechsel, wie gesagt, auch nicht leicht. Immerhin gehe ich eine Tätigkeit, die mir auch sehr viel Freude macht.

Was hast Du in den zwei Jahren in Brünen kennengelernt, was nimmst Du mit aus dieser Zeit?
Puh, die Frage kommt für mich im Moment früh. Noch habe ich für mich keinen Abschied genommen. Deswegen kann ich nur vorsichtig antworten, aber so viel weiß schon: Ich nehme viel mit.
Von Anfang an waren die BrünerInnen mir und meiner Familie gegenüber sehr offen. Viele freundliche Menschen sind mir begegnet. Viele Gespräche haben mich bereichert. Ich denke, viel über das Leben hier am Niederrhein, speziell in Brünen, gelernt zu haben. Es ist für mich immer wieder spannend mich darauf einzulassen, wie sich das Leben vor Ort, in diesem Fall in Brünen gestaltet, wie sich das Leben webt und wie die Rahmenbedingungen sind. Ich habe viel über das Leben heute in der Landwirtschaft gelernt.
Ich erlebe ein Presbyterium, das sehr an der Sache und auf ein Ziel hin gemeinsam arbeitet. Sie sind konstruktiv, mir gegenüber sehr fair und bemüht. Und sie fördern an vielen Stellen, dass sie als Gruppe zusammen wachsen.
Eine lebendige Dorfkirchengemeinde erlebe ich. Die Verbindungen sind eng: Die meisten feiern ihre Hochzeit und Traujubiläen auch mit einem Gottesdienst. Dann gibt es 2 Chöre, Kinderkirche, eine gute Ökumene. Der evangelische Friedhof ist im Dorfleben eingebunden.
Ich nehme das große Engagement, mit dem BrünerInnen sich in die Vernetzung und Gestaltung ihres Dorfes einbringen, mit. Viele Ehrenamtliche bereichern Brünen. Es gibt viele Vereine, „Bürger für Brünen“ als Teil des Bürgervereins hat sich in diesem Jahr gebildet. Daran durfte ich mitgestalten.
Den Brüner Löschzug mit den Kameraden werde ich sehr vermissen.Vielleicht so weit.

Was ist Dir besonders ans Herz gewachsen und was wünscht Du Dir für nächsten Monate für Dich und für die Gemeinde in Brünen?
Zunächst werde ich in den nächsten Monaten meine Arbeit weiter erledigen. All die Dinge durchführen und begleiten, die bis dahin anfallen. Ich bin ja noch bis zum Ende des Jahres hier. Weihnachten feiern wir, meine Familie und ich, hier in Brünen. Zudem hoffe ich, dass wir uns gut voneinander verabschieden können.
Dann bemühe ich mich, möglichst wenig Chaos und offene Fragen zu hinterlassen. Bei der Bundeswehr habe ich kennen gelernt, dass dort Dienstposten übergeben werden. Das ist leider eine unter PfarrerInnen ungeübte Tradition. Viele Fragen, Unsicherheiten und Anlaufschwierigkeiten eines neuen Stelleninhabers ließen sich mit einer Übergabe meines Erachtens verringern. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin kann ja dennoch seine eigenen Akzente setzen und die Dinge neu gestalten. Mal sehen, wie viel ich in der Praxis vorbereiten und aufschreiben kann, aber ich werde mich bemühen, dass ein möglichst nahtloser Übergang möglich ist.
Ich bin zuversichtlich, dass unabgeschlossene Projekte wie die Sanierung der Orgel weiter geführt werden, dass gut laufende Dinge wie die Musik zur Marktzeit, die Kinderkirche, die Vernetzung von Kirchengemeinde und Dorf usw. weiterhin ihren Platz haben werden. Was ich in den kommenden Monaten dazu beitragen kann, werde ich mich bemühen zu tun.

Wie wird Dein zukünftiger Dienst in Wilhelmshaven aussehen?
Zunächst werde ich erst einmal wieder zuhören. Ich komme zwar mit einer reichhaltigen Erfahrung als Militärseelsorger, aber manche Dinge haben sich in den letzten beiden Jahren geändert. So werde ich mich einarbeiten und langsam wieder ins Team der drei evangelischen Militärseelsorgestellen hineinwachsen.
Dann werde ich irgendwann, vermutlich in gar nicht so weiter Ferne, wieder zur See fahren. Dabei bin ich froh, dass ich schon so viele Seemeilen in den Beinen habe. Da ist der Weidereinstige einfacher. Ich werde dann wohl auch bald im Mittelmeer und an allen Orten, an denen die Schiffe der deutschen Marine fahren, unterwegs sein. Es ist wichtig, dass wir die Soldaten dort gut begleiten.
Am Standort, wie auch auf See, ist Seelsorge eine zentrale Aufgabe. Die üblichen anderen Aufgaben eines Pfarrers kommen hinzu: Taufen, Trauungen, manchmal eine Beerdigung, Konvente usw.
Und, neben allen dienstlichen Änderungen freue ich mich natürlich darauf, den Alltag wieder mit meiner Frau teilen zu können.
Im Übrigen vertraue ich auf Gottes gute Begleitung. Mir ist eine Strophe von Georg Neumark ans Herz gewachsen: „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu. Denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.“

Vielen Dank! Das Interview hat Albrecht Holthuis aufgezeichnet.