Erfolgreiche Gespräche mit der Süßwarenindustrie

Vertreter des Kirchenkreises sprachen u.a. mit Managern von Lindt & Sprüngli in Aachen

Neuigkeiten aus der Kampagne des Kirchenkreises Wesel für faire Schokolade

Kirchenkreis führt Gespräche mit der Süßwarenindustrie – demnächst nur noch faire Schokolade?

Nun wollten wir es aber genau wissen! Deshalb versuchten wir, mit den Schokoladenherstellern in der Region ins Gespräch zu kommen. Haben Sie ihre Produktion bereits auf zertifizierten Kakao umgestellt? Wie stehen Sie zur Kinderarbeit auf den Kakaofeldern? Und: Wie sichern Sie den Kakaobauern ein Einkommen zu, das über dem Existenzminimum liegt? Das wollten wir wissen. Und – zu unserem Erstaunen – wir wurden eingeladen: von Lindt & Sprüngli in Aachen, von Stollwerck in Köln und von Mars in Viersen. Die zweite Überraschung: Nicht allein der/die Öffentlichkeitsbeauftragte/r hat sich Zeit genommen, sondern die Konzernspitze mit Geschäftsführer und bei Lindt & Sprüngli sogar die Direktorin von Forschung & Entwicklung wie weitere Personen standen Rede und Antwort.

Und unser Anliegen? Unsere Aktion „Die dunkle Seite der Schokolade“ ist auf hohes Interesse gestoßen, vertreten wir doch ca. 80.000 christliche Verbraucherinnen und Verbraucher in Kirchenkreis und Dekanat Wesel.

Im Einzelnen:

Lindt & Sprüngli geht unabhängig von Fair Trade mit ihrer Organisation „Source-Trust“ einen eigenen Weg. Ziel ist es, die geernteten Kakaobohnen lückenlos bis zu den Bauern rückverfolgen zu können sowie bis 2016 auch die Namen ihrer 40.000 produzierenden Bauern zu kennen. Dies bezieht sich ausschließlich auf Ghana.Die Stadt Wesel hat vor einigen Monaten in Zusammenarbeit mit dem Eine-Welt-Laden eine fair gehandelte Schokolade herausgebracht. Hier sind die Initiatorinnen mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (Mitte) bei der Präsentation zu sehen (Foto: K. Bauer)Die Stadt Wesel hat vor einigen Monaten in Zusammenarbeit mit dem Eine-Welt-Laden eine fair gehandelte Schokolade herausgebracht. Hier sind die Initiatorinnen mit Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (Mitte) bei der Präsentation zu sehen (Foto: K. Bauer)

„Source-Trust“ verwendet die Hälfte des gezahlten Aufpreises von 60 $/Tonne Rohkakao für den Aufbau sozialer Projekte wie den Bau von Brunnen, für Malariaprophylaxe, für den Bau von Schulen und für die Durchführung von Schulungen für die Kakaobauern, die andere Hälfte für die bereits erwähnte Rückverfolgung der gelieferten Ware und die namentliche Erfassung der Bauern.  

Stollwerck bezieht UTZ zertifizierten Kakao und will die Menge erhöhen. 30 % des für die Eigenmarken (Sarotti, Herrenschokolade, Alpia etc.) benötigten Kakaos ist  bereits zertifiziert. Innerhalb von zwei Jahren soll dies auf 50% erhöht werden, 2017 will man sogar bei 100% sein. Insgesamt werden mit dem Projekt zwei Kakaokooperativen gefördert, die jeweils zwischen 400 und 500 Kakaobauern zählen. 

Allerdings werden 70% der vom Unternehmen hergestellten Waren für andere Firmen (Fremdmarken) gefertigt. Die Abnehmer entscheiden eigenständig, ob sie zertifizierte Ware kaufen wollen oder nicht. Die Firma gibt an, darauf keinerlei Einfluss zu haben.

Mars strebt bis 2020 eine 100%ige Zertifizierung des Kakaos durch UTZ Certified, Fair Trade, Rainforest Alliance an. Bereits heute werden 90.000 Tonnen (>20 Prozent des Gesamtbedarfs) an zertifiziertem Kakao abgenommen.  

Aber das schafft noch keine faire Schokolade!

Die mediengerechte Aufbereitung der Süßwarenindustrie überzeugt im Detail nicht. Es bleibt für die Firmen noch viel zu tun, um fair gehandelte Schokolade anbieten zu können. „Guter Wille“ allein reicht nicht!

Denn das Einkommen der Kleinbauern (weit unter dem Existenzminimum) schafft für sie keinen Anreiz, weiterhin ihre Arbeitskraft auf den Kakaofeldern einzusetzen. Um überhaupt genug ernten zu können, müssen sie ihre eigenen wie auch fremde Kinder als billige Arbeitskräfte beschäftigen (was natürlich zu Lasten ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung geht). Das Wissen um die sachgerechte Aufzucht der Kakaobäume und um die korrekte Verwertung der Ernte geht in den kommenden Generationen verloren, wenn nicht Schulung und fachliche Begleitung erfolgen. Der Klimawandel wird künftig verstärkt die klimatischen Bedingungen für den Anbau von Kakaopflanzen verändern.

All das ist der Süßwarenindustrie natürlich bekannt. Erste Schritte sind unternommen. Doch der grundsätzliche Wille, die Arbeitsbedingungen auf den Kakaofeldern zu ändern und dafür auch auf einen Teil der Gewinne zu verzichten, ist schwach ausgeprägt.Die fair gehandeltete Wesel Schokolade in Nahansicht. (Foto: K. Bauer)Die fair gehandeltete Wesel Schokolade in Nahansicht. (Foto: K. Bauer)

Die Dokumentation „Schmutzige Schokolade II“ von Miki Mistrati, ausgestrahlt am 17.12.2012 in der ARD hat gezeigt, dass nach wie vor Kinder zur Arbeit auf den Kakaofeldern gezwungen und ausgebeutet werden, dass die „schönen“ Vorzeigeprojekte wie Schulen oder medizinische Betreuung meist nicht funktionieren und dass die „Gütesiegel“ mangels gezielter Kontrollen oft Makulatur bleiben.

Kakao-Aktion geht in den Endspurt

Alles in allem: Wir Verbraucherinnen und Verbraucher können uns mit der Situation nicht zufrieden geben, müssen fair gehandelte Produkte fordern und kaufen und uns gegen Kinderarbeit, gegen ungerechte Preise für die Kakaobauern engagieren. Darüber hinaus braucht  die bewusstseinsverändernde Arbeit von SÜDWIND unsere Unterstützung.

Informieren Sie sich weiterhin! Kommen Sie deshalb zum Schokoladenfest am Freitag, dem 12. April 2013 von 18 bis 21 Uhr ins Lutherhaus, Korbmacherstr. 12-14 nach Wesel. Wir werden u.a. die Dokumentation „Schmutzige Schokolade II“ zeigen.