Ein Jahr als Superintendent - Thomas Brödenfeld zieht eine Zwischenbilanz im Interview

Er will mit Zuversicht nach vorne schauen trotz kleiner und älter werdenden Gemeinden

Brödenfeld nimmt im Interview auch zu geplanten Gemeindefusionen und zur vergangenen Landessynode Stellung

Seit einem Jahr sind Sie Superintendent des Kirchenkreises Wesel – wie sind Sie inzwischen in der neuen Aufgabe angekommen?

In der Politik gibt es ja die sprichwörtlichen einhundert Tage Schonfrist, die einem neuen Bundeskanzler oder Minister eingeräumt werden, um in seinem neuen Amt anzukommen. Die Mitarbeitenden und Kolleginnen und Kollegen im Kirchenkreis, aber auch die Superintendenten der umliegenden Kirchenkreise, mit denen ich häufig im Gespräch bin, haben diese Schonfrist großzügig ausgeweitet.

So hatte ich wirklich genug Zeit, um meine neue Aufgabe mit den vielfältigen Arbeitsbereichen gut kennenzulernen. Geholfen hat mir sicherlich auch die Tatsache, dass ich bereits vor meiner Wahl zum Superintendenten 16 Jahre lang im KSV mitgearbeitet habe, die letzten acht Jahre dazu als Synodalassessor.

Mit welchen vordringlichen Aufgaben beschäftigen Sie sich in dieser Funktion derzeit?

Intensiv beschäftig uns im Moment im Kirchenkreis die Einführung des „Neuen Kirchlichen Finanzwesens“ NKF. Die Umstellung von der bisherigen kameralen auf die kaufmännische Buchführung ist für die Gemeinden und den Kirchenkreis eine gewaltige Aufgabe, die sehr zeitintensiv ist. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit ist es, den Prozess der vier Kirchengemeinden Hamminkeln, Brünen, Ringenberg-Dingden und Wertherbruch zu einer „Gesamtkirchengemeinde im ländlichen Raum“ zu begleiten. Da sind wir in sehr guten und vertrauensvollen Gesprächen.

Sie haben kürzlich an der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland teilgenommen. Mit welchen Eindrücken sind Sie zurückgekommen?

Das war ja meine erste Synode und ich war schon beeindruckt, wie intensiv dort auch über scheinbar kleine Punkte und Vorlagen diskutiert wurde. Der Sparprozess der Landeskirche wurde nach meiner Meinung sehr transparent und überzeugend vorgestellt und erhielt zu Recht eine große Zustimmung. Schwierig finde ich, dass wir eben auch eine sehr bürokratische Kirche sind. Bis in die späten Abendstunden hinein wurde über Gesetzesänderungen diskutiert, da würde ich mir zuweilen eine stärkere inhaltlich-theologische Debatte wünschen.

Welche Entscheidungen der Synode sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig für die Gemeinden und den Kirchenkreis vor Ort?

Natürlich bleiben die Sparbeschlüsse der Synode nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeit der Gemeinden und Kirchenkreise. Dieses Jahr sind ja erst acht Millionen eingespart worden, weitere zwölf Millionen folgen im Jahr 2015. Die Konzentration auf das Wesentliche, sozusagen die Besinnung auf den Kern kirchlicher Arbeit und Handlungsfelder wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen. Dazu gehört auch das verabschiedete Papier über den Dienst von Pfarrerinnen und Pfarrern. Immer weniger Pfarrer müssen in den kommenden Jahren immer größere Gemeinden betreuen. Das neue Pfarrleitbild „Zeit für das Wesentliche“ will Gemeinden und Pfarrern helfen, mit dieser Herausforderung gut zurechtzukommen.

Wie entwickelt sich die Kirche in der Region hier am Niederrhein in den nächsten 5 Jahren? Wie lautet Ihre Prognose?

Auch am Niederrhein werden sich die großen gesellschaftlichen Veränderungen bemerkbar machen. Insbesondere der demographische Wandel wird seine Spuren hinterlassen. Unsere Kirchengemeinden werden kleiner und älter werden. Gleichzeitig wird sich die vorhandene Arbeit auf immer weniger Schultern verteilen lassen. Wir werden nicht mehr alles bezahlen können, was bisher finanzierbar gewesen ist. Und wir werden, wie wir es bereits für den Pfarrberuf sehen, nicht mehr genug Nachwuchs für bestimmte kirchliche Berufe finden. Dennoch ist mir um unsere Kirche am Niederrhein nicht angst und bange. Im Gegenteil. Ich begegne täglich vielen engagierten und hoch motivierten Mitarbeitenden in den unterschiedlichsten Diensten unserer Gemeinden. Ich höre in den Gottesdiensten meiner Kolleginnen und Kollegen sehr gute Predigten, die die Gemeinden aufbauen, stärken, trösten und ermutigen. Ich nehme Kreativität und Phantasie wahr, die Probleme unserer Zeit anzugehen. Alles das lässt mich zuversichtlich nach vorne sehen und ich freue mich, dass ich diese Veränderungen als Superintendent unseres Kirchenkreises begleiten und gestalten kann.Superintendent Thomas Brödenfeld