Ein Gesicht des Kirchenkreises und der Gemeinde Wesel verabschiedet sich in den Ruhestand

Nach vielen Jahrzehnten in der kirchlichen Verwaltung zieht Dorothea Störmer ihre Bilanz im Interview

Martina Biebersdorf, Pfarrerin und zur Zeit Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Wesel, interviewte Dorothea Störmer kurz vor Eintritt in den Ruhestand im Februar 2014

 

Frau Störmer, wie sind Sie zu Ihrer Arbeit in der kirchlichen Verwaltung gekommen?

Schon früh war mir klar, dass ich gern im Büro arbeiten würde. Mein Konfirmator Pfr. Herlyn gab mir noch in der Konfirmandenzeit den Tipp: ‚Bewirb dich doch bei der Kirchengemeinde Wesel im Gemeindeamt.‘ So habe ich am 1.4.1963 meine Ausbildung als kirchlicheVerwaltungsangestellte beim früheren Amtsleiter Peter Lanzen damals im Karolinenheimegonnen. Von ihm habe ich sehr viel gelernt. Meine erste Aufgabe bestand allerdings darin, den Keller für den neuen Pfarrer aufzuräumen; das war Pfarrer Stempel, der mit seiner Frau und dem kleinen Sohn Dieter in die Pfarrwohnung zog. Den Kleinen habe ich zwischendurch auch mal morgens mit in die Kita genommen. Dann aber habe ich alle Abteilungen durchlaufen und wurde nach der Lehre übernommen. Das Gehalt betrug seinerzeit 84 Deutsche Mark. Ziemlich schnell hintereinander bestand ich dann die erste und zweite Verwaltungsprüfung für den gehobenen kirchlichen Dienst, so dass ich mit 21Jahren schon ein Erfahrungsspektrum vorweisen konnte.

Seit wann ist das Lutherhaus der Hauptsitz der Verwaltung?

Anfang der 70er Jahre kam das Rentamt aus Hamminkeln zur Verwaltung nach Wesel hinzu; daraufhin bot dasKarolinenheim zu wenig Platz. Die Kirchengemeinde entschloss sich, auf dem Trümmergrundstück neben der alten Lutherkirche ein modernes Verwaltungsamt zu bauen, mit einer Pfarrwohnung,einer Wohnung für die Gemeindeschwester und Räumen für das Diakonische Werk. So entstand 1973/74 das Lutherhaus an der Korbmacherstraße. Der Terrassen-Entwurf der Büros Becker aus Wuppertal, Sieger des Architektenwettbewerbs,war damals etwas Besonderes!

An welche Stationen auf Ihrem Weg erinnern Sie sich besonders?

Ich habe eigentlich immer lieber nach vorn geblickt. Aber 1977 ging ich in die ‚Familienpause‘. Ich heiratete und bekam zwei Töchter.Leider gab es seinerzeit keine Möglichkeit zur Elternzeit so wie heute,sondern nur die Kündigung. Erst 1987 habe ich halbtags wieder im Lutherhaus angefangen. Im Sekretariat von Superintendent Stempel war ich zuständig für allem Schriftverkehr für den Kreissynodalvorstand,die Kreissynode, dazu kam die Sachbearbeitung für die Gemeinden Drevenack und Schermbeck. In der Zeit hat sich die Kirchenkreis-Verwaltungsehr entwickelt, mit Buchführung, Personalabteilung und den Anfängen der EDV. Die Beratungsstelle für Ehe- und Lebensfragen kam hinzu; dann wurde die Hospiz-Initiative gegründet und im Lutherhaus lag dann auch die Federführung der finanziellen Verwaltung der Telefonseelsorge.1989 trat Herr Lanzen in den Ruhestand und 1998 übernahm ich die Stelle der Amtsleiterin für den Kirchenkreis Wesel von dem Vorgänger Herrn Grauwinkel. Ab 2005 übernahm ich die Sachbearbeitung für die große Kirchengemeinde Wesel und gab aber die beiden anderen Gemeinden ‚ab‘.

Welche Projekte haben Sie gerne begleitet?

Es gab vieles, was ich gern bearbeitet habe neben den alltäglichen, monatlichen und alljährlichen Aufgaben wie Sitzungsbegleitung, Haushaltsplan,etc. Eine tolle Erfahrung war zuletzt die Umsetzung des Umbaus aller vier Kindertagesstätten der Kirchengemeinde Wesel für die U3 Betreuung in den Jahren 2011/2012! Ich habe auch gerne Außentermine wahrgenommen, war gern Ansprechpartnerin für die Stadt Wesel, den Kreis, auch für  Handwerker und immer wieder auch für Gemeindemitglieder,etwa am Telefon.

Und was werden Sie nun ihrer Nachfolgerin anvertrauen (müssen)?

Das Dokumentenmanagement, d.h. alle Vorgänge nach dem Aktenplan der Landeskirche zu sortieren; die Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzwesen und die Überlegung in Absprache mit dem Presbyterium der Kirchengemeinde Wesel, wie es mit dem mittlerweile sanierungsbedürftigen Betonbau Lutherhaus weiter gehen soll.

Was hat sich verändert?

Da gibt es Vieles, z.B. im Bereich der Personalführung, der Arbeitssicherheit.Standards haben sich völlig geändert, denken Sie an den Nichtraucherschutz! Eine große Weiterentwicklung gibt es sicher auch im Bereich der EDV. Die Arbeit per PC, mails und Internet erleichtert auf der einen Seite, speichert und beschleunigt. Aber der zeitliche Druck wächst andererseits immer weiter: Wer eine Mail schreibt, erwartet umgehend eine Reaktion. Wer wartet heute noch 3-4 Tage auf eine Antwort per Post? Und ich glaube nicht, dass wir trotz Tablets und Netzwerken auf das papierlose Büro zugehen werden; davon hat man schon in den 60ern geträumt und die Aktenberge haben eher zugenommen. Eine große Herausforderung wird sicher auch der Umgang mit abnehmenden finanziellen Mitteln sein und die Umstellung auf das NKF.

Gibt es Pläne für den Unruhestand?

Ich freue mich auf mehr Zeit für persönliche Freizeitaktivitäten, z.B. Tennis und meine Kinder/Enkel in Berlin. Außerdem plane ich Architekturexkursionen und Fahrradtouren. Im Büro meines Mannes werde ich auch mitarbeiten. Und ich möchte mich weiter ehrenamtlich engagieren. Da bietet sich z.B. der Niederrheinische Kunstverein an, in dem ich seit Jahren leitend mitwirke.

Ihr persönliches Motto aus der Arbeit der vielen Jahren?

Ein Sprichwort sagt: ‚Verwaltung ist ein System organisierter Unzuständigkeit.‘ So habe ich mich nie gesehen; ich fühlte mich immer zuständig und mir war in der Außenwahrnehmung meiner Person wohl bewusst, dass ich – auch als Einzelne - immer ‚die Kirche‘ nach außen vertrete.

Frau Störmer, vielen Dank für das Gespräch und alle guten Wünsche auf dem Weg in den Ruhestand! So richtig können wir uns das als Gemeinde eigentlich noch nicht vorstellen